Greetsiel

Der Flecken des ehemaligen Amtes Greetsiel liegt nicht wie die anderen Dörfer der Krummhörn auf einer Warft (Wurt), sondern entwickelte sich in einem von Menschen gewonnenen Polder oder in einem Groden (= "in de Greedte"). Während die Bezeichnung Groden sich von 'groia' (= wachsen) ableitet, kommt der Ausdruck "gred" aus dem aus dem altfriesischen, wo er angeschwemmtes Land, Wiese und Weideland bezeichnet. Die Ortsbezeichnung "Greet"(siel) ist erst ab 1388 nachzuweisen, daneben sind auch die frühen Bezeichnungen "Gredthusen" oder "Silsum" bekannt. Nach den jüngsten archäologischen Greetsieler Grabungen von 1996 (heute Seniorenheim "Unterm Regenbogen", vergl. Emder Jahrbuch 1996/S. 208) wurde schon im 13. Jahrhundert damit begonnen diesen Greetsieler Groden in zwei und drei Abschnitten (13./14./15. Jahrhundert) dem Meer der Leybucht abzuringen. Diese Aufgabe übernahmen die Beninga von Pilsum und die Norder Cirksena durch Einheirat von Appingen (und Visquard) aus. 

Kupferstich aus J BLAEU, Theatrum urbium. 1649. »t' Fort van GRIET-ZYL in Oost-Vrieslant«, Ansicht von Nordwest.
Befestigungsanlagen von Greetsiel und Middelstewehr. 1623 von Graf Mansfeld als letzter Stützpunkt in Ostfriesland angelegt. Erstes Hauptsiel (A1) unter dem Einfluß der Beninga, ab 1401 unter dem Einfluss der Cirksena.

Am 21. Oktober 1362 befand sich das älteste Hauptsiel (A 1) im Greetsieler Groden am Ufer des Hofes (=Kirche) der "Heiligen Jungfrau" noch im Herrschaftsbereich des Affo Folcardi Beninga von Pilsum (erw. 1359 - 1400). Insofern ist es nicht verwunderlich, daß der hintere Giebel der Kirche Greetsiel sich vor einigen Jahren von dem Gesamtbau löste; denn das Gotteshaus ist auf instabilem Untergrund im Winkel zwischen dem heutigen 'Neuen Greetsieler Sieltief' (a) und dessen ehemaligen Nebenarm (heute Flurbezeichnung 'Leeger') gebaut. Zu Affo Beningas Zeit hieß der Sielhafen "Capmasile" (= Kaufmannssiel/Al) und stand hinsichtlich des Zollgeldes in Konkurrenz zu der Stadt Emden. Dort, wo ehemals dieser erste Greetsieler Sielhafen lag (Al), befand sich um die Jahrhundertwende eine Brücke aus Holz, die beim Befahren beträchtlich donnerte ("Donnerbrücke"). Die älteste Siedlungsstätte der Beninga an einem Nebensiel (al) des Sielhafens 'Capmasile' war der hohe Standort des heutigen historischen Steinhauses "Smidt" (3). Dieses besaß als großer landwirtschaftlicher Betrieb noch in diesem Jahrhundert viele Ländereien in der Pilsumer Gemarkung. Die Trennscheide für die Cirksena und Beninga bei der Gewinnung des Greetsieler Gesamtgrodens (Landanwachs) bildete zu dieser Zeit noch die 'Alte Ehe', heute 'Neues Greetsieler Sieltief. Jedem Greetsieler Besucher fällt auf, daß der nordwestlich von diesem Tief gelegene Groden viel höher angelandet ist als der südöstliche. So wird der erstere vorwiegend als Escher (Ackerland) genutzt, während der zweite als Meededer Weidewirtschaft dient. Insofern war Edzard(2) Cirksena (erwähnt 1388) in den Jahren 1362-88 derjenige, der eine erste Burg (Steinbaus) in den niedrigen Teil des Greetsieler Groden setzte. Er errichtete sie außerhalb des 1. Hauptdeiches (heute Mühlenstraße), und zwar lediglich im Schutz eines Sommerdeiches. Edzards Sielhafen, in dem die Hamburger 1388 um  Zollfreiheit baten, lag nicht i n, sondern "a n der Greedte" (B1). Sein Ausgangspunkt war der Appinger Außenhof (Wirtschaftshof), erste und älteste Siedlungsstätte der Cirksena im ersten Greetsieler Grodenabschnitt. Danach wurde diese Stelle Lustgarten der Cirksena und später Standort der frei adeligen Nachfolgehäuser 'Fridag' und 'von Halem' (12)

 

 

 

 

Als Enno Edzardisna/Cirksena (gest. 1450, Sohn des Edzard 2). Gela Sydsena, die Erbtochter von Pilsum und Manslagt geheiratet hatte, war der gestirnte Greetsieler Groden 1401 im Besitz der Cirksena. Am 30.3.1401 weihte Papst Bonifanz IX. in einer Urkunde dem Greetsieler Häuptling Haro Edzardisna (Bruder des Enno) die Einrichtung der 'Kirche der Jungfrau Maria' (1 a, b). Das Schriftstück bestätigte, daß die Kirche, ab diesem Zeitpunkt offiziell Patronatskirche der Cirksena, vorher nach Pilsum eingepfarrt war. Sicherlich etwa zur gleichen Zeit entstand für den Greetsieler Priester Baro Nomana der Vorgängerbau der heutigen 'Alten Pastorei' (2b), in dem am 5.12.1547 Ubbo Emmius, der berühmteste Sohn Greetsiels geboren wurde. Auch wird die Marien- Kirche von Appingen am 30.1.1401 der Greetsieler Kirche einverleibt (inkorporiert) und zur Kapelle herabgestuft. Greetsiel entstand also zu Lasten des Häuptlingssitzes und Kirchdorfes Appingen, als die Cirksena von dort nach Greetsiel umzogen. Sie überließen ab 10.12.1433 (Genehmigung von Papst Eugen IV. Appingen den Karmelitern zu einer Klostergründung (1436). Übrigens ist die bislang genaueste Genealogie der frühen Cirksena der Tafel V im Band II der "Geschichte des Emsigerlandes" (Dr. Hajo van Lengen, 1976/Ostfr. Landschaft Aurich) zu entnehmen.